Stolperstein für Jankel Rotstein

 


geboren:18.11.1889 in Warschau (damals Russisch-Polen),
gestorben: 13.09.1941 im Ghetto Warschau
     

Jankel Hersch (gen. Jacob) Rotstein wuchs in einer wohlhabenden Familie auf, wurde jedoch schon frühzeigig Halbwaise. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in seinem Geburtsort Warschau. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war er als russischer Staatsangehöriger von der zaristischen Armee rekrutiert worden und im Herbst 1914 in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten. Dort hatte er eine schwere Rückenverletzung erlitten. Von den deutschen Militärbehörden wurde er als Dolmetscher eingesetzt. Nach Ende des Krieges blieb er in Deutschland und setzte seine Dolmetschertätigkeit fort. 1920 ließ er sich in Chemnitz nieder und handelte mit Kurzwaren. Nach Aberkennung der russischen Staatsbürgerschaft war er staatenlos. Im Februar 1924 heiratete er die Witwe Liddy Kittel, die vor der Hochzeit zum Judentum konvertiert war. Die junge Familie wohnte in der Alexanderstraße 1 auf dem Sonnenberg. Hier wurden auch ihre fünf Kinder geboren. Marianne Liddy (11.09.1920), Bella Ada (27.12.1922), Siegmund Matthias (30.11.1925), Zilli Regine (09.04.1929) und Roland Nordfried (16.06.1932).

Die Nürnberger Gesetze vom September 1935 hatten gravierende Folgen für das Zusammenleben von Juden und Nichtjuden. Die Kinder von Jankel und Liddy Rotstein wurden plötzlich zu so genannten jüdischen Mischlingen. Viele Juden wurden aus Deutschland ausgewiesen. Jankel Rotstein wurde 1938 als ein noch im Land verbliebener Jude verhaftet und zu schwerer Zwangsarbeit verpflichtet. Am 1. August 1939 wurde der Familie Rotstein mitgeteilt, dass sie als Staatenlose das Reichsgebiet binnen zwei Monaten verlassen müssten. Eine Auswanderung nach Südamerika war aus finanziellen Gründen nicht möglich. Die Familie wendet sich Hilfe suchend an die Gemeinde, doch der Beginn des Krieges macht eine Ausreise noch schwieriger. Im September 1939 wurde Jankel Rotstein wieder verhaftet und in das Polizeigefängnis auf den Kaßberg verbracht.  Dort durften ihn seine Ehefrau und der älteste Sohn im November noch zu seinem 50. Geburtstag besuchen. Im Februar 1940 wurde er in das Internierungslager Nürnberg-Langwasser gebracht und von dort in das Warschauer Ghetto "entlassen". Die dortigen unmenschlichen Verhältnisse, die strengen Winter und die Trennung von der geliebten Familie zermürbten ihn. Monate später erhielt Liddy Rotstein die Nachricht, dass ihr Ehemann am 13. September 1941 in Warschau gestorben ist. Es war verhungert.

Liddy Rotstein und ihre Kinder überlebten den Krieg. Als Liddy 1962 starb und auf dem jüdische Friedhof in Chemnitz bestattet wurde, ließen die Kinder auf dem Grabstein auch einen Zusatz für ihren im Ghetto verstorbenen Vater anbringen.

 
   
Grab von Liddy Rotstein auf dem Jüdischen Friedhof
 

Der Stolperstein für Jankel Rotstein wurde am 7. Oktober 2008 vom Künstler Gunter Demnig in der Ludwig-Kirsch-Straße 1 (ehemals Alexanderstraße) verlegt.

Petra Habelt

Fotos: Petra Habelt

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