Villa Herschberg - Dresdner Straße 66

Diese Villa besteht aus zwei Gebäudeteilen unterschiedlicher Baujahre. Das ältere Gebäude wurde bereits1858 vom Steinmetzmeister Friedrich Ernst Otto gebaut, dem damaligen Obermeister der Chemnitzer Steinmetzinnung. Otto hatte als Nachfolger den Findewirthschen Steinbruchbetrieb im Zeisigwald übernommen und 1869 auch das heute unter Denkmalschutz stehende „Porphyr-Haus“ Dresdner Straße 230 errichten lassen. Um 1890 veranlasste er den Bau der „Teufelsbrücken“ am Zugang zu seinem Steinbruch.
Bis 1896 war sowohl die Villa Dresdner Straße 66 als auch der Steinbruch im Besitz der Familie Otto.
Im Jahr1897 kaufte der Steinmetzmeister Julius Hermann Dehnert den Steinbruchbetrieb und die Villa. Dehnert wohnte mit seiner Familie bis 1914 in der Villa, wovon ein Teil vermietet war. Zu dieser Zeit war das Steinbruchgeschäft im Niedergang und 1915 verkaufte Dehnert die Villa  an den jüdischen Kaufmann Jakob Herschberg. Dehnert nahm seinen Wohnsitz im „Porphyr-Haus“ am Steinbruch – heute oft als „Dehnertsches Haus „ benannt.

Nach einigen Umbauten zog 1919 die Familie Herschberg mit ihren drei Söhnen ein. Herschberg handelte zunächst mit Eiern und Majonäse. Er kaufte das benachbarte Grundstück in der Peterstraße 2 und ließ einen neuen, zweiten und mit der Villa verbundenen Gebäudeteil  errichten. Das Grundstück bot genug Raum für seine 1922 eröffnete „Großhandlung für Textil- und Industrieabfälle aller Art“. Die Familie bewohnte das Erdgeschoss  und vermietete weitere Wohnungen. Ab 1926 wurden Jacob Herschbergs Söhne Norbert und Max Teilhaber der Firma. Diese nannte sich nun  „Jakob Herschberg & Söhne GmbH“.
Die Familie Herschberg wird am 28. Oktober 1938 im Rahmen der „Polen-Aktion“ aus Deutschland ausgewiesen. Am 30. April 1938 wurde das „Gesetz über die Mietverhältnisse mit Juden“ erlassen und daraufhin  viele jüdische Familien von ihren bisherigen Vermietern auf die Straße gesetzt. Um der Lage Herr zu werden und die Juden besser kontrollieren zu können, wurden Häuser von ehemaligen jüdischen Besitzern zu so genannten „Judenhäusern“ umgewandelt. Diese waren zugleich Sammelstellen für die Deportationen in die Konzentrationslager.

Die Familie Herschberg durfte Anfang 1939 zur Klärung ihrer offenen Vermögensfragen vorläufig nach Deutschland zurückkehren. Das Haus wurde nun von den Nationalsozialisten zum „Judenhaus“ erklärt und weitere jüdische Bürger hier einquartiert. Jakob Herschberg verstarb 1940 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Chemnitz beigesetzt. Seine Frau und seine Söhne deportierte man in verschiedene Konzentrationslager.

Gräber der Famile Herschberg auf dem Jüdischen Friedhof in Chemnitz

Nur Sohn Hans überlebte und kam 1945 nach Chemnitz zurück, zog wieder in die unbeschadet gebliebene Villa in der Dresdner Straße 66 und wurde Direktor der Firma Bachmann & Co. AG (vormals Bachmann & Ladewig AG). Schließlich wanderte die Familie Herschberg 1947 über Berlin und Belgien nach Melbourne aus.

Bis 1991 war das Haus als Wohnhaus vermietet. 1991/92 kaufte Frau Gertraud Götz die völlig heruntergekommene Villa von den in Australien lebenden Nachfahren der Familie Herschberg und veranlasste eine grundlegende Sanierung. Ab 1993 ließen sich dann neben der Firma „Götz Dienstleistungen GmbH & Co Sachsen“ weitere Firmen nieder. Seit dem wird das Gebäude als Geschäftshaus genutzt.

Bildquelle: 1 - 4, Petra Habelt

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